2028 Autorinnen und Autoren sowie weitere 465 UnterstützerInnen (LeserInnen, Kulturschaffende, Politik) unterstützen den Kampf um einen fairen Buchmarkt mit einem Offenen Brief an AMAZON. Über 400 Leser, Kulturschaffende und ausführende Künstler schließen sich an.
Auf den sich verhärtenden Kampf um Gewinnmargen des Internethändlers Amazon und die daraus resultierenden Gefahren der Monopolisierung des Buchmarktes weist die vor einer Woche ins Leben gerufene Aktion „Autorinnen und Autoren für einen fairen Buchmarkt“ mit ihrem Offenen Brief an Amazon hin.
Der Zusammenschluss von Autorinnen und Autoren des SYNDIKATs (der Autorenvereinigung deutschsprachiger Kriminalliteratur), dem PEN Zentrum Deutschland, dem Verband deutscher Schriftststeller (VS) und dem Bundesverband junger Autoren und Autorinnen (BVjA) hat am 18.8.2014 den Offenen Brief an Amazon – an Jeff Bezos (Gründer und Präsident Amazon) und Ralf Kleber (Deutschlandchef Amazon) – mit den Unterschriften von 1188 Autorinnen und Autoren übersandt.
In dem Offenen Brief wenden sich die Unterzeichner, darunter Nele Neuhaus, Ingrid Noll, Ferdinand von Schirach, Ulrich Wickert, Günter Wallraff, Doris Dörrie, Klaus Staeck, Dr. Inge Jens, Chibo Onyeji und Juli Zeh, gegen die Praxis des Onlinehändlers, Lieferungen bestimmter Bücher gezielt zu verzögern, um den Druck bei Konditionsverhandlungen zu erhöhen. Amazon versucht überdurchschnittliche Gewinnmargen in der EBook Sparte durchzusetzen, auch mit dem erklärten Ziel seine Monopolstellung auszubauen.
Langfristig ist die Vielfalt der Inhalte auf dem Buchmarkt gefährdet.
Sollte das gelingen, werden die Umsatzeinbußen sowohl bei Verlagen, in erster Linie aber bei den Autoren deutlich zu spüren sein. Langfristig ist damit die Vielfalt der Inhalte auf dem Buchmarkt gefährdet.
„Die bisherige Geschäftsstrategie Amazon legt den Schluss nahe, dass das erst der Anfang ist“, so die Geschäftsführende Sprecherin des SYNDIKATs, Elke Pistor. „Es werden Konditionsänderungen für andere größere und kleinere Verlagen folgen. Auch die Selfpublisher, die der Onlinehändler zurzeit noch mit verlockenden Margen an sich zu binden versucht, werden auf lange Sicht nicht davon verschont bleiben.“
Aktuell:
2028 Unterschriften plus 465 von UnterstützerInnen >>
Innerhalb von vier Tagen wuchs die Zahl der UnterzeichnerInnen von 56 auf 1188, inzwischen sind es 2028. Autoren- und Autorinnenverbände aus Österreich und der Schweiz schlossen sich an, auch Autoren und Autorinnen aus Georgien, den USA, Italien, Indien oder Nigeria. Darunter Literaten, Genrelieblinge, DebütantInnen, politische AutorInnen, LyrikerInnen, Hochliteratur bis gute Unterhaltung, Dramatiker und ÜbersetzerInnen. Ebenso unterstützen LeserInnen, KulturpolitikerInnen, KünstlerInnen, Kulturschaffende die Aktion Fairer Buchmarkt. Zu den bisherigen UnterzeichnerInnen gehören Friedrich Ani, Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch, Manfred Bissinger, Jan Brandt, Fred Breinersdorfer, Doris Dörrie, Tanja Dückers, Amelie Fried, Rebecca Gablé, Anne Gesthuysen, Kerstin Gier, Josef Haslinger, Dora Heldt, Elfriede Jelinek, die Kinderbuchautoren Max Kruse, Paul Maar und Andreas Steinhöfel; außerdem Bascha Mika, Herta Müller, Sten Nadolny, Rüdiger Nehberg, Nele Neuhaus, Ingrid Noll, Peggy Parnass, Gerhard Ruiss, Eva Rossmann, Asta Scheib, Ilija Trojanow, John von Düffel, Ferdinand von Schirach, Frank Schätzing, Klaus Staeck, Günter Wallraff, Ulrich Wickert, Alissa Walser, Meike Winnemuth, Juli Zeh …
DER OFFENE BRIEF AN AMAZON (DE)
Liebe Leserinnen und Leser, sehr geehrter Herr Bezos, sehr geehrter Herr Kleber,
Amazon befindet sich in einem Machtkampf mit der Bonnier-Verlagsgruppe und Hachette. Solche Auseinandersetzungen zwischen Firmen geschehen ständig, und normalerweise finden sie in den Büros der Firmen zwischen zwei Verhandlungspartnern statt. Aber diesmal hat Amazon etwas Ungewöhnliches getan. Es hat direkt die Autoren und Autorinnen der Bonnier-Gruppe (Aladin, arsEdition, Berlin Verlag, Carlsen, Hörbuch Hamburg, Piper, Thienemann-Esslinger, Ullstein) angegriffen, um damit die Verlagsgruppe zu zwingen, in die neuen Vertragsbedingungen einzuwilligen.
In den letzten Monaten werden Bonnier-Autoren und Autorinnen boykottiert und ihre Bücher nicht auf Lager gelegt, selbst wenn es gängige Werke sind. Die Bücher werden verlangsamt ausgeliefert, über die Lieferbarkeit finden sich Falschaussagen, und die Autoren und Autorinnen tauchen nicht mehr in den Empfehlungslisten auf. In den „Kunden haben auch gekauft / sich angesehen“-Listen fehlen die Bonnier- Autoren und Autorinnen. Gerade diese Listen wirkten als Empfehlungen, manche bisher unbekannte Autorin, mancher Autor ist dadurch bekannt geworden. Obendrein hatten Amazon-Kunden bisher den Eindruck, dass diese Listen nicht manipuliert würden und sie sich auf Amazon verlassen konnten.
Doch das stimmt offenbar nicht.
Amazon manipuliert Empfehlungslisten. Amazon nimmt Autoren und Autorinnen und ihre Bücher als Druckmittel her, um noch mehr Rabatte zu erzwingen.
Wir Autorinnen und Autoren sind der Meinung, dass kein Buchverkäufer den Verkauf von Büchern behindern oder gar Kunden vom Kauf von Büchern abhalten sollte. Amazon hat kein Recht, eine Autorengruppe, die am Konflikt nicht beteiligt ist, „in Beugehaft“ zu nehmen. Obendrein sollte kein Buchverkäufer seine eigenen Kunden falsch informieren oder ihre Einkäufe durch künstlich verlängerte Lieferzeiten behindern. Damit widerspricht Amazon seinem eigenen Versprechen, das kundenorientierteste Kaufhaus der Welt zu sein.
Viele Autoren und Autorinnen haben Amazon unterstützt, als es eine kleine Startup-Firma mit neuen Ideen war. Auch unsere Bücher haben Amazon geholfen, eines der größten Unternehmen der Welt zu werden. Wir haben Amazon Millionen in die Kassen gewirtschaftet, viele haben mit Amazon kooperiert und tun das noch heute. Viele von uns haben ihre Backlist bei Amazon, haben Rezensionen und Beiträge geschrieben. Diese Autoren und Autorinnen, uns, jetzt „in Beugehaft“ zu nehmen, ist keine Art mit Geschäftspartnern umzugehen und fördert nicht das Vertrauen der Autoren und Autorinnen in einen der wichtigsten Vertriebspartner. Wir wollen im Streit zwischen Amazon und Bonnier nicht Partei ergreifen, sondern wir fordern Amazon entschieden auf, nicht länger Bücher und damit auch Autoren und Autorinnen als Geiseln zu nehmen, sondern eine lebendige, ehrliche Buchkultur zu gewährleisten und die benannten Maßnahmen zu stoppen.
Wir bitten alle unsere Leserinnen und Leser, dass sie dem Gründer von Amazon Jeff Bezos (jeff@amazon.com) und dem Chef von Amazon Deutschland Ralf Kleber (rkleber@amazon.de) schreiben und ihm ihre Meinung über die jüngsten Erpressungsmethoden mitteilen. Jeff Bezos und Ralf Kleber sagen, dass sie sich freuen, wenn sie die Meinung von Kunden kennenlernen, und dass sie alle E-Mails lesen. Wir hoffen, dass wir, AutorInnen und LeserInnen, Jeff Bezos und Ralf Kleber davon überzeugen können, dass nur ein fairer Buchmarkt ein Buchmarkt mit Zukunft ist.
Mit freundlichen Grüßen
Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner