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Seriös ist anders

Neue Tricks beim Druckkostenzuschuss. Firmen, die vortäuschen, Verlage zu sein, ziehen Autoren Geld aus der Tasche.

Neue Tricks beim Druckkostenzuschuss
Eigentlich sollte es heute klar sein: Es gibt Verlage, die das finanzielle Risiko tragen und den Autoren ein Lektorat, Cover und Marketing bieten. Und es gibt Selfpublisher, die sich das selbst auf eigene Kosten organisieren. Und dann gibt es Druckkostenzuschussverlage, die keinerlei finanzielles Risiko tragen, sondern sich von den Autoren bezahlen lassen, oft mit vier- oder gar fünfstelligen Summen. Vor den Selfpublisher Möglichkeiten waren sie oft die einzigen bekannten Veröffentlichungsmöglichkeiten für Autoren.

Veröffentlichung in einem seriösen Verlag ist okay. Veröffentlichung als Selfpublisher auch. Aber Finger weg von »Verlagen«, die vom Autor Geld verlangen. Andreas Wilhelm

Doch diese Bücher tauchten höchst selten in den Buchhandlungen auf, die Qualität war meist fragwürdig. Diese Verlage spiegelten den Autoren vor, dass sie »normale Verlage« seien und bevor BoD und später Amazon das Selfpublishing ermöglichten, konnten diese Pseudoverlage immer wieder Kasse machen und Autoren abzocken.

Man sollte meinen, dass die Zeiten dieser „Verlage“ längst vorbei sind. Aber nein, jetzt haben sie einen neuen Trick gefunden. Wenn Sie einem solchem Verlag Ihr Manuskript schicken, erhalten Sie nach wenigen Tagen einen begeisterten Brief. Alle Lektoren finden Ihr Buch ganz toll und der Verlag wäre glücklich, es zu veröffentlichen. Beigelegt ist ein Verlagsvertrag.
Seltsam nur, dass erst ab 500 oder 1000 verkauften Exemplaren ein Honorar gezahlt werden soll. Noch seltsamer, dass es einen zweiten Vertrag gibt. In dem darf der geneigte Autor ankreuzen, ob er ein Lektorat buchen möchte, eine Veröffentlichung als E-Book wünscht (zB 300 Euro), eine Veröffentlichung auf dem amerikanischen Markt (100 Euro), Pressemitteilungen (300 Euro), Anschreiben von Buchhandlungen, Eintrag ins VLB, ein Cover, ein Satz, Korrektorat und vieles mehr an Diensten, die sich schnell auf vierstellige Beiträge summieren. Der Autor zahlt für seine Veröffentlichung.

Seriös ist anders
Auch seriöse Dienstleister wie z.B. BoD bieten für Geld Zusatzleistungen an. Der kleine Unterschied: Sie behaupten nicht, Verlage zu sein. Und sie veröffentlichen die Bücher auch, ohne dass der Autor alle diese Zusatzleistungen bei ihnen bucht.
Bei den Druckkostenzuschussbetrieben, die sich »Verlage« nennen, ist das anders. Da ist von vorneherein klar, dass ein Buch ohne gebuchte Zusatzleistungen kaum Chancen hat, verlegt zu werden. Ganz egal wie laut die Lobeshymnen beim ersten Kontakt waren. Und was ist daran unseriös? Viele Selfpublisher zahlen schließlich für Lektorate, Coverdesigner und Marketingspezialisten. Unseriös ist die Vorspiegelung, es handle sich um einen seriösen Verlag und keinen Dienstleister. Verlage haben einen Namen. Wer in einem Verlag veröffentlich, hat einen Test bestanden. Der Verlag hat das Buch geprüft und ist von der Qualität und den Marktchancen überzeugt.

Ich weiß, dass ist unfair gegenüber jenen Selfpublishern, die ebenfalls Qualität vorlegen und ihre Werke deshalb in hohen Stückzahlen verkaufen. Ich kenne genügend davon.
Daneben gibt es natürlich auch eine große Masse von Selfpublisher-Veröffentlichungen, bei denen schon der Blick auf die ersten Seiten zeigt, dass dort jedes Mindestmaß an Qualität fehlt. Mehrere Rechtschreibfehler in jedem Absatz, eine holprige Sprache und Szenen, denen jegliche Spannung fehlt.

Verlagsveröffentlichung als Ritterschlag
Kein Wunder, dass die Verlagsveröffentlichung immer noch eine Art Ritterschlag darstellt. Darauf bauen Druckkostenzuschussverlage. Sie täuschen vor, dass sie das Buch eingehend geprüft hätten, veröffentlichen aber jeden Text. Die 42er Autoren haben diese Verlage mit einem bewusst grottenschlechten Manuskript getestet, über den auch der Spiegel berichtet hat.
Das ist unfair gegenüber Verlagsautoren und Selfpublishern gleichermaßen. Und es ist Abzocke, denn der Druckkostenzuschussverlag lebt nicht vom Verkauf der Bücher, sondern von den Zahlungen der Autoren.
Sprich: Hier wird Geld dafür verlangt, dass der Autor anschließend überall erzählen kann: Mein Text ist so toll, dass mich ein Verlag veröffentlicht und ich nicht ins Selfpublishing (Pfui, Pfui!) gehen musste. Und den Autoren wird Sand in die Augen gestreut, denn sie erhalten ein völlig unrealistisches Bild von der Qualität ihrer Texte.

Natürlich veröffentlichen auch seriöse Verlage nicht nur Perlen literarischer Meisterleistungen. Gerne wird da auf die »Fünfzig grauen Schatten« verwiesen, die beliebte Zielscheibe der Feuilletons sind.
Dennoch hat selbst dieses Buch seine Meriten. Ich habe nur die ersten beiden Seiten gelesen, sicher nicht literaturpreisverdächtig, aber durchaus gekonnt erzählt. Mit einem Gefühl für Dramatik und einer außergewöhnlichen Idee. Aus den Vampirromen mit Bissen zu jeder Tageszeit eine S/M-Romanze zu stricken, auf diese Idee muss man erstmal kommen. Und den Mut haben, sie auch umzusetzen. Stephan Waldscheidt hat in der Selfpublisherbibel gezeigt, mit welchen Techniken die Autorin gearbeitet hat. Seriöse Verlage haben ihre Kontakte in Presse und Buchhandlungen und nutzen die. Für Autoren, die keine Meister in der Selbstvermarktung sind, ein Vorteil. Auch wenn Verlage immer mehr von ihren Autoren Mitarbeit bei der Vermarktung verlangen. Kurz gesagt: Verlage und Selbpublisher haben beide ihre Vorteile. Welchen Weg man wählt, muss jeder Autor selbst prüfen.

Kohle für die Eitelkeit
Firmen, die vortäuschen, Verlage zu sein, ziehen Autoren Geld aus der Tasche. Man zahlt dafür, dass einem Honig ums Maul geschmiert wird (»Einmaliges Werk!«). Und dafür, dass eine normale Verlagsveröffentlichung vorgetäuscht wird. Bei manchen professionellen Autorenverbänden ist die Verlagsveröffentlichung Voraussetzung der Mitgliedschaft. Letzteres wird sich vermutlich ändern, denn mittlerweile gibt es etliche Selfpublisher, die eindeutig professionelle Autoren sind. Diese neuen Druckkostenzuschussverlage werden schnell bekannt werden und darunter wird der Ruf der Autoren leiden, die dort leichtfertig unterschreiben. Also liebe Autoren: Veröffentlichung in einem seriösen Verlag ist okay. Veröffentlichung als Selfpublisher auch. Aber Finger weg von »Verlagen«, die vom Autor Geld verlangen.

Dieser Text erschien zuerst am 6.4.2016 unter hproentgen.wordpress.com
und wurde Fairer Buchmarkt zur Zweitverwertung zur Verfügung gestellt. Wir danken dem Autor herzlich!