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Digitale Ökologie :: eBook, Verleih & Honorare

08. Mai 2015 | Praxisbericht eBooks & Author's Rights
Foto: © Nina George

Praxisbericht: eBooks & author's rights

eBook-Leihmodelle bieten allesamt – Readfy, Skoobe, Amazon Kindle Unlimited, PaperC – keinerlei transparente und nachvollziehbare Abrechnung für Autorinnen.



Verleih

Forderungen
eBook – Dateien – sollen im individuellen, persönlichen Rahmen verleihbar sein, eBookleihmodelle sollen jenseits der Buchpreisbindung Buchwerke weit unter Preis und Herstellungskosten dauerhaft anbieten, die Schrankenregelung, die Kopien – eine Art Verleih – für den privaten Gebrauch – im Rahmen des Privaten, was Angehörige/Verwandte, engste Freunde meint, weniger als 7-10 Personen – sollen unbegrenzt erweitert werden.

Gestellt von der kleinen Gruppe von verleihgewohnten Konsumenten (nach Schätzung weniger als 3 % der Lesenden), vorrangig: Apple, Amazon, Google, der kleinen Gruppe von Anhängern eines Missverständnisses zur open-access-Philosophie. Freier Zugang zu Wissen, aber bitte kostenfrei. Diese Gruppe umfasst in Deutschland etwa 6 % (gesichert) bis 21 % (ungesichert, siehe Studien des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Medienboard Berlin-Brandenburg) der gelegentlichen eBook-Konsumenten. Sie gelten als fester Kern von Konsumenten, die ausschließlich illegal kopierte Kulturwerke konsumieren. Bei den 21 % ist das Phänomen der „Mischbeschaffung“ von Kulturgütern besonders hoch: 3-4 von 5 eBooks werden gekauft, eines bis zwei illegal gesaugt. Bei Games und Songs erhöht sich diese „gemischte Beschaffung“ zugunsten der illegalen Kopien.

Rechtslage
Das deutsche wie europäische Rechtssystem reagiert handlungsschwach gegenüber den wirtschaftlich orientierten Monopolisten wie Apple und Amazon:
Auch wenn eBooks nicht als Bücher, sondern als elektronische Dienstleistung firmieren, sind sie praktisch und faktisch dennoch Bücher. Leihmodelle unterlaufen rein juristisch deshalb nicht die Buchpreisbindung, faktisch und wirtschaftlich sehr wohl. Diese Lücke klafft seit den ersten Leihmodellen, die ausprobiert wurden, PaperC, Skoobe, Readfy. Und inzwischen noch mehr, seit Amazon Kindle Unlimited Flatrate eingeführt hat.
Individueller Verleih ist bei Lese-Lizenzen, die eBooks beinhalten, zurzeit weder technisch geregelt (aber mit konsequentem DRM machbar) noch rechtlich. Individueller Verleih ist bei analogen Büchern eingepreist und durch das physische Medium möglich und kann nicht missbräuchlich geschehen. Bei eBooks ist dieser Missbrauch ohne DRM definitiv nicht auszuschließen (Piraterie). eBooks gelten als elektronische Dienstleistung.

Das deutsche wie europäische Rechtssystem reagiert handlungsschwach gegenüber den wirtschaftlich orientierten Monopolisten. —  Nina George

Kritische Konsequenz
Bei individueller Verleihe: Sicherung der Tilgung der bezahlten Originaldatei auf dem Gerät. Erfordert Überwachung oder andere Sicherung.
Wie beim Thema Wiederverkäuflichkeit: Datei altert nicht, kann unbegrenzt, endlos verliehen werden, ohne Qualitätsverlust kopiert und entsprechend illegal vervielfältigt und vertrieben werden.
eBook-Leihmodelle bieten allesamt – Readfy, Skoobe, Amazon Kindle Unlimited, PaperC – keinerlei transparente und nachvollziehbare Abrechnung für Autorinnen.
Anteile werden nicht nachvollziehbar ausgeschüttet. Während das beim Vertrieb über das Sortiment sehr wohl der Fall ist und alle Anteile offen gelegt werden, wo was von einem Buchverkauf hängen bleibt, ist es bei E-Book-Leihe seitens der Anbieter Skoobe, Amazon, Readfy absolut intransparent.
Die Erlöse sind marginal, und werden nicht durch die geschätzte Elastizität = mehr Ausleihen wegen geringeren Preises – aufgefangen. Gründe sind hierfür: Marktsättigung (zu viele Leih-eBooks, doch jeder Konsument kann nur eine begrenzte Menge wirklich lesen, der Bedarf ist bald gesättigt).

Erlös-Übersichten (Quelle: Autorinnen):
• Skoobe: 16 bis 24 Cent, intransparente Abrechnung
• Amazon KUL: 1,13 Euro für Selfpublisher im NOV 2014, Ausschüttung durch Einlage/Querfinanzierung seitens Amazon, kein Erlös durch tatsächlicher Konsum
• Amazon KUL: 15 bis 30 % vom sog. Nettoverlagserlös, der bei ca. 1 Euro liegen kann, also 15 bis 30 Cents für Verlags-Autorinnen an Umsatz, vor Steuern & Agenturprovision
• Verkaufte eBooks: je nach Preis 20-30 % vom Nettoverlagserlös (Verkaufspreis minus 30-50 % Händlerrabatte und Gebühren), 90 Cent für ein 8,99-eBook
• Bei Amazon wird erst ab 10 % Lesemenge des Buches ausgeschüttet, nicht bereits wie bei Skoobe ab der ersten Leihe. Es erfolgt dazu Leser-Kontrolle seitens Amazon.

Fazit
Die Ausleihe unter Familienmitgliedern oder Freunden ist bei den meisten eDistributoren ausreichend aufgefangen durch Lizenzmodelle. Gleichzeitig haben sich die Umsätze von Autorinnen durch Ausleihmodelle wie KU oder Skoobe, merklich verringert. Flatratemodelle generieren weder Umsätze um eine Berufsautorenschaft aufrecht zu erhalten, noch verringerten sie ePiraterie. Seit Aufkommen sämtlicher Flatratemodelle hat sich professionelle Piraterie nicht verringert.
! Amazon kontrolliert Leseverhalten von Konsumentinnen. DAS wäre vielmehr ein Thema für den Verbraucherschutz: Der mangelnde Datenschutz und der Handel mit Leseranalysen. !

Honorare


1. eBooks sind für Verlage genauso teuer herzustellen wie gedruckte Bücher

Es müssen Texte und Rechte eingekauft werden (Stichwort: Vorschuss), von Autorinnen aus Übersee ist das meist teurer, da u.a. noch die Übersetzung (10 Cent / Wort) hinzukommt. Übrigens: Auch Übersetzerinnen erwerben mit ihrer Übersetzung ein Urheberrecht. Kein einziges von Verlagen produziertes Buch wird gedruckt – oder digitalisiert publiziert – wie geschrieben. Mein Verlag wendet Leistungen auf, von denen ich als Autorin profitiere. Lektorat, Korrektorat und die Redaktion arbeiten stilistisch, dramaturgisch und faktisch an dem Text, um aus einem guten Buch ein verdammt gutes zu machen. Die Leistungen eines Verlages sind enorm, allein kann diese Qualitätsarbeit keine Autorin selbst erbringen oder bezahlen; ein Faktum, dass von vielen Branchen-Fremden bei der Begeisterung für das Selfpublishing vergessen wird. Dazu kommen: Herstellung, Satz, Kollationierung. Distribution, Werbung, Presse, Marketing. Lagerkosten und Druckkosten fallen beim eBook weg, dafür muss doppelt so intensives digitales Marketing betrieben werden. Es summieren sich Gebühren für Webhosting, Zahlungsdienstleister und Rabattforderungen, so dass am Ende nahezu derselbe Herstellungspreis wie bei einem Druckwerk heraus kommt.
Übrigens: Amazon will 50 % Rabatt, um eBooks zu vertreiben. Üblich sind 30 %.
Amazon verlangt 50 bis 55 % Rabatt für den Vertrieb von Druckwerken. Üblich sind 40-45 %.

2. eBooks gehören zum Vertragskomplex „Elektronische Rechte“, wie z.B. der Vertrieb als eBook oder digitalisiertes Hörbuch.
In jedem guten Vertrag werden sämtliche Nutzungsrechte sowie die Nutzungsarten einzeln aufgeführt. Die verschiedenen Nutzungsarten werden in der Regel von mir als Autorin befristet verkauft. Wenn eine Autorin für eine Nutzungsart Rechte nicht vergeben will – ich z.B. lasse Filmrecht und Auslandslizenz von meiner Agentur gesondert anbieten – lässt sich das stets frei verhandeln. Ebenso werden wir Autorinnen über jede (stets zeitlich befristete) Lizenzvergabe (Hörbuchlizenz z.B., Mundart, Theater…) informiert und um schriftliche Zustimmung gebeten. Üblicherweise verkaufen wir Nutzungsrechte befristet. Kurzgeschichten: 1 Jahr, gedruckte Bücher: 8-12 Jahre. e-Only-Werke: 2 bis 3 Jahre.

3. Verlags-AutorInnen erhalten bei eBooks pro verkauftem Exemplar zwischen 15 - 35 % vom sogenannten „Nettoverlagserlös“.
Nettoverlagserlös (NVE) = Verkaufspreis minus MwSt. minus Kosten für den Verlag aufgrund des eBookvertriebs (Hosting, Zahlungsdientsleister, Rabattforderungen). Der NVE beträgt ca. 60-50 % des Verkaufspreises. Bei e-Books um 8,99 € sind die Erlöse für Autorinnen 90 Cent pro Ex. Bei Taschenbüchern und Hardcovern sind es nach verkaufter Auflage gestaffelt steigende Anteile von 6-9 und 10-13 % vom Nettoladenpreis. Hier liegt der Autorinnen-Umsatz bei 50 Cent (Tb) bis 2,50 € (HC) pro Exemplar. Ein Sonderfall sind e-Only-eBooks, wo kein Druckwerk erscheint. Hier werden wir mit 50 % vom NVE beteiligt.

4. eBooks können laut EU-Richtlinie von Juni 2014 bis zu zwei Wochen nach Kauf zurück gegeben werden.
Remittenden liegen seither im 0,5 bis 3-%-Bereich. Jedoch hat das Rückgaberecht dazu geführt, es eBook-Piraten bequemer zu machen, Dateien zu rippen und illegal auf einer der aktuell 600 florierenden Portale zur Verfügung zu stellen und sogar dafür Bonuszahlungen zu erhalten. Das „Lesen auf Zeit“ oder das „Nutzen statt Besitzen“ ist unter legal agierenden Konsumenten wenig relevant. Bücher gehören, ob elektronisch oder gedruckt, zu Gütern, die das Gros der Lesenden behalten wollen, als Teil ihrer Identität.

5. eBooks sind für Autorinnen „richtige“ Bücher. Ihren Inhalt zu erstellen erfordert genauso viel Zeit, Qual, Können, Übung, Verzicht wie das Verfassen eines gedruckten Buchs.

Nina George. Schriftstellerin