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Maasgeschneidertes Urhebervertragsrecht: Einheitsgröße funtioniert nicht


Stärken und Schwächen des Referentenentwurfs zum Urhebervertragsrecht


In ihrem Vertrag von 2013 haben sich die Großkoalitionäre CDU, CSU und SPD eine Reform des Urhebervertragsrechts versprochen.
Mitte September legte Justizminister Heiko Maas einen Referentenentwurf vor und versandte an die beteiligten Ressorts der Regierung, Anfang Oktober wurde er auch offiziell an die Urheberrechtsexperten der Verbände verschickt. Die Verbände und Institutionen haben Gelegenheit, bis zum 30. Dezember 2015 ihre Stellungnahmen an das BMJV zu übermitteln.

Zentrale Punkte des jetzigen Entwurfs sind u.a.:

•  Der Urheber kann das Nutzungsrecht nach 5 Jahren zurückrufen, wenn ein anderer Verwerter die weitere Nutzung übernimmt (§ 40 a UrhG-E).
•   Der bisherige Verwerter kann den Rückruf aber abwenden, wenn er die Nutzung zu den Konditionen des neuen Verwerters fortführt (§ 40 b).
•   Der Urheber kann jedes Jahr Auskunft und Rechnungslegung über die Nutzung seines Werkes verlangen (§ 32 d).
•  Für einzelne Kreativbranchen können in gemeinsamen Vergütungsregeln von Urhebern und Verwertern andere Regeln vereinbart werden.
•   Wenn ein Unternehmen sich in Einzelverträgen nicht an Vergütungsregeln hält, müssen nicht mehr die Betroffenen selbst klagen. Die Urheberverbände bekommen für solche Fälle ein Verbandsklagerecht (§ 36 b).



Die häufigsten Probleme der verschiedenen (elf) kulturschaffenden Sparten:

—  Blacklisting. Keine Auftragsvergabe mehr ans freie Journalisten oder Komponisten, vor allem bei Öffentlich-Rechtlichen Sendern oder großen Presseverlagen, wenn sich die Urhebenden als „schwierig“ heraus stellen, bswp. Ihre Rechte durchsetzen wollen oder auf faire Vergütung und transparente Abrechnung bestehen —  Rechterückrufprobleme. Hier vor allem bei Buchautorinnen, deren Verlage keinerlei Anstrengung mehr zum Vertrieb oder Vermarktung ihrer Werke unternehmen. —  Vergütung bei Audiovisuellen Medien, vor allem im Bereich der sogenannten „Mediatheken“-Nutzung. Oft werden Werke – Dokumentationen, Filmmusiken, Texte – nicht nur eine Woche, sondern ein Jahr oder länger in Mediatheken abrufbar gestellt. Jedoch ohne Wiederholungsvergütung, wie zehn Verbände in einem Offenen Brief monierten —  Vergütung von ÜbersetzerInnen anteilig an Verkaufsauflagen, die neben der Fixierung einer Grundvergütung ein abgestuftes Beteiligungsmodell an Verkaufserlösen enthält. Zum Normvertrag für ÜbersetzerInnen. —  Vergütungsabsprachen. Aufgrund Kartellverboten dürfen weder Normverträge noch Honorarspiegel einklagbare, verbindliche Aussagen zu Honorarhöhen und geschuldeten Vergütungen enthalten. „Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und der Deutsche Journalisten Verband (DJV) haben seit Mai 2003 über 55 ergebnislose Verhandlungsrunden mit dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln geführt. Den Vertretern und Mitgliedern des VDZ fehlt es an der Bereitschaft sich zu einigen“, so Karl Valentin Döring von ver.di —  Total Buy-Out-Verträge, die den Urhebern keine weitere Nutzung von Werken erlauben. Durchaus sinnvoll bei z.B. Lesungen oder Zeitschriftenartikeln, weniger sinnvoll bei Kompositionen oder Buchwerken.

Vorläufer des Entwurfes zum Urhebervertragsrecht:

Der Kölner Entwurf
Urheber: Jurist und Direktor des Instituts für Rundfunkrecht an der Universität zu Köln Karl-Nikolaus Pfeifer, Res Dieter Frey und Matthias Rudolph, im Herbst 2014 in Berlin vorgestellt.

Vor allem der gesetzlich vereinbarte Rechterückruf nach zehn Jahren schuf viele Kontroversen. Begrüßt wurde hingegen die ausdrückliche Formulierung, den Urheber an jeder Werknutzung nachvollziehbar zu beteiligen (Sonderregelungen seien weiterhin aber machbar.
Kompletter Text:www.koelner-forum-medienrecht.de

Das sagt Dr. Peifer zu Maas’ Entwurf: „Das Rückrufsrecht, welches der Referentenentwurf vorsieht, ist gegenüber dem Vorschlag des „Kölner Entwurfes“ bereits erheblich abgeschwächt worden, was wir durchaus mit Sorge sehen.“ (buchreport-Interview, 1.10.15)

Der Berliner Entwurf
Urheber: Die Initiative Urheberrecht*, basierend auf dem sog. „Kölner Entwurf“. *In der Initiative arbeiten über 35 Verbände und Gewerkschaften zusammen, die die Interessen von insgesamt rund 140.000 UrheberInnen und ausübenden KünstlerInnen vertreten, u.a. sind auch PEN, Das Syndikat oder VS Mitglied.

Er geht über den Kölner hinaus, fordert schärfere Stellschrauben bei Nutzungsrechte-Verträgen, Verbandsklagen (Ein Verband klagt gegen Verwerter bei Nicht-Einhaltung von Vergütungsregeln) und Total-Buy-Out-Verträgen.

Der Münchener Entwurf
Urheber: Carl Hanser Verlag, Constantin Film, Münchner Verlagsgruppe, ProSiebenSat.1, Verlag C.H.BECK, Wiedemann &Berg Filmproduktion und die Rechtsanwaltskanzlei SKW Schwarz.

Der Münchener Entwurf wird oft als „Antwort der Verwerter“ auf den Kölner und Berliner Entwurf gesehen. Er fordert den Bestand des Urhebervertragsrecht im Hinblick auf Kalkulationsfähigkeit und Investitionsschutz der Produzenten und Sender.
Kompletter Text: www.skwschwarz.de

Stimmen und Stellungnahmen zum aktuellen Referenten-Entwurf zu einer Reform des Urhebervertragsrecht (Autor: Matthias Schmid, verantwortlich: Heiko Maas)


Börsenverein des Deutschen Buchhandels: „Aus dem Text spreche gravierende Unkenntnis und Gleichgültigkeit gegenüber einer Industrie mit rund 120.000 anspruchsvollen Arbeitsplätzen, die außerdem zu fast 100 Prozent im Inland produziert“ (zum boersenblatt.net-Artikel) Zur Pressemitteilung des Börsenvereins

Zeitschriften und Zeitungsverleger lehnen Reform komplett ab. Die Vorschläge des Ministeriums „gingen pauschal von einer fehlenden Augenhöhe von Urhebern und Werkmittlern aus“, die von den Verlegerverbänden bestritten wird. Dabei weisen sie darauf hin, „dass bereits seit Jahren kollektive Regelungen für die Presse im Bereich des Urhebervertragsrechts bestünden.“

ver.di: „Dieser Entwurf stellt einen dringend notwendigen und lange überfälligen Schritt zur Verbesserung der Arbeits- und Einkommensbedingungen der professionellen Medien- und Kulturschaffenden in Deutschland dar. Allerdings gibt es Punkte, an denen nachgebessert werden sollte“, sagte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. Zur vorläufigen Stellungnahme
Initiative Urheberrecht* begrüßt Vorschlag, aber fordert deutliche Nachbesserung in Punkten wie Buy-out, Verbandsklagen, ausübende Künstler. ‚ „Die Richtung stimmt, aber der Entwurf ist aus unserer Sicht in einigen Punkten überarbeitungsbedürftig, weil er noch nicht in allen Punkten praxisgerecht ist“ Zur vorläufigen Stellungnahme

DOMUS: „Die im Referentenentwurf vorgesehenen Maßnahmen zur Realisierung einer angemessenen Vergütung sind für Kreative und Musikschaffende ein Lichtblick und eine große Hoffnung“, so der DOMUS-Vorsitzende Eberhard Kromer. Nachbesserungen vertrüge der Entwurf aber bei der Anpassung auf die unterschiedlichen Mediengattungen. Zur vorläufigen Stellungnahme

Deutsche Orchestervereinigung: „Ein wichtiger Schritt, aber offen bleibt leider noch immer die wichtige Frage nach der angemessenen Vergütung neuer Nutzungsformen, zum Beispiel beim Streaming und Download von Musik oder Filmen.“


Fotocredit: © : Oleg Dudko